Zusammenarbeit auf Augenhöhe: Über die Rolle der Corporate Secretaries mit Dr. Charlotte Pamer-Wieser
Podcast “The Agenda”
“The Agenda” von Sherpany geht auf die Herausforderungen von Führungskräften ein und beschreibt den Weg von der Problemstellung bis hin zur Entscheidung. In der aktuellen Staffel tauchen wir ein in das Innerste der Unternehmensführung. Es erwarten Sie Experten-Talks zu den vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit – von verantwortungsvoller Nachhaltigkeit bis zur Anwendung von Spitzentechnologien.
Begleiten Sie uns in dieser einzigartigen Gesprächsreihe, präsentiert von Podcast-Host Ingo Notthoff.
In dieser Podcast-Folge hören Sie:
Dr. Charlotte Pamer-Wieser ist promovierte Rechtswissenschaftlerin und seit 2011 Corporate Secretary des Schweizer Pharmakonzerns Novartis. Mit Podcast-Host Ingo Notthoff spricht sie über die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat, warum ihr Kollaboration mit allen Bereichen sehr wichtig ist und wie sich die Rolle des Verwaltungsrats in den letzten Jahren verändert hat. Zudem beschreibt Dr. Charlotte Pamer-Wieser, welche Verantwortung sie als Generalsekretärin hat und wie wichtig Diversität für den Unternehmenserfolg ist.
- Welche Verantwortung liegt bei einer Corporate Secretary?
- Wie hat sich die Rolle der Verwaltungsräte in den letzten Jahren verändert?
- Wie muss ein Verwaltungsrat für die Zukunft aufgestellt sein?
- Welche Rolle spielt Diversität für den Unternehmenserfolg?
- Wie funktioniert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat?
- Worauf müssen sich Verwaltungsräte in den nächsten Jahren einstellen?
Keine Zeit für die komplette Episode? Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus unserem Gespräch mit Dr. Charlotte Pamer-Wieser.
Ingo Notthoff: Frau Pamer, Sie sind seit 2011 Generalsekretärin bei Novartis. Was ist Ihr persönliches Erfolgsrezept?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Ich glaube, dass die Rolle des Corporate Secretaries in jedem Unternehmen anders ausgeübt wird. Deshalb ist es sehr wichtig, zunächst zuzuhören und mit den Menschen zu sprechen, Fragen zu stellen und sie kennenzulernen. Und ich denke, es ist wirklich wichtig, Vertrauen aufzubauen, eine echte Beziehung zu den Mitarbeitenden im Unternehmen zu entwickeln und den Raum für Vertrauen zu schaffen.
Ingo Notthoff: Wie bauen Sie dieses Vertrauen auf?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Ich habe wirklich viele Gespräche gesucht. Ich bin aktiv auf die Leute zugegangen. Ich arrangierte Treffen, ging zum Kaffeetrinken, zum Mittagessen, das mache ich immer noch. Und ich mag es wirklich, es sind auch tolle Leute. Es ist wichtig, dieses Angebot überhaupt erst zu machen, damit die Menschen zu mir kommen und mit mir reden können, ohne Angst haben zu müssen, dass es in die falsche Richtung geht.
Ingo Notthoff: Was genau ist Ihre Aufgabe als Corporate Secretary?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: In meinem Fall ist es natürlich zunächst einmal das Unterstützen des Verwaltungsrats. Das kann sehr vielfältig sein [...].
Der Corporate Secretary ist an der Vorbereitung der Sitzungen beteiligt, am Agenda-Setting, den Unterlagen, er sorgt dafür, dass alles rechtzeitig verteilt wird. Man muss immer dafür sorgen, dass der Verwaltungsrat genügend Zeit hat, die Dokumente zu studieren. Und dann gehört natürlich auch die Verwaltungsratssitzung als solche dazu, ebenso die Protokollführung und die Nachbereitung der Sitzung.
Und zudem bin ich auch zuständig für die Generalversammlung der Novartis. Das gehört auch meistens ins Pflichtenheft des Corporate Secretaries. Ich arbeite natürlich auch an anderen Projekten mit [...] und ich habe, in meinem Fall, noch diverse andere Teams, die nichts mit dem Verwaltungsrat zu tun haben.
Ingo Notthoff: Verantwortung bedeutet ja meist auch Druck. Wie gehen Sie damit um?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Ich habe gute Teams, sehr gute Mitarbeitende, die mich unterstützen. Das Wichtigste ist die Beziehung zum Verwaltungsrat, damit man Fragen stellen oder Anliegen einbringen kann. Und dann, im Privatleben [...] ein Gleichgewicht suchen und finden, was manchmal schwierig ist.
Ingo Notthoff: Auf der anderen Seite gibt es bestimmt auch viele Freiheiten. Welche haben Sie genau?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Wenn man Vertrauen aufgebaut hat, werden die Leute einem zuhören, wenn man eine Idee oder einen Vorschlag macht. Ich habe viele Freiheiten, und die nutze ich auch. Immer in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat, aber ich kann dann wirklich meine Arbeitsbereiche frei gestalten.
Ich habe verschiedene Bereiche, die in meiner Verantwortung liegen. Hier kann ich mir zum Beispiel die Strategie anschauen, sie entwerfen, die richtigen Teams aufstellen und dann etwas verändern und verbessern.
Der Verwaltungsrat muss in seiner Zusammensetzung sehr breit und divers aufgestellt sein, so dass unterschiedliche Perspektiven willkommen sind
Ingo Notthoff: Was war bisher Ihre größte Herausforderung?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Eine Herausforderung ist immer dann gegeben, wenn es einen Wechsel in der Führungsebene gibt. Zum Beispiel, wenn der Verwaltungsrat wechselt, weil man einfach sehr eng zusammenarbeitet. Für mich ist es zentral, dass ich verstehe, wie die neue Person denkt und wie sie das Amt ausfüllen will. In meinem Fall gab es diesen Wechsel nach zwei Jahren. Auch der Wechsel eines regulären Verwaltungsratsmitglieds oder der Wechsel eines CEOs.
Ingo Notthoff: Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Rolle von Verwaltungsräten in den letzten Jahren geändert?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Die Anforderungen haben sich geändert. Man wird viel häufiger gefragt: "Warum haben Sie diesen Verwaltungsrat? Warum haben Sie diese Zusammensetzung?". Wir sprechen auch mehr über die Kompetenzmatrix. Welche Fähigkeiten brauche ich für den Verwaltungsrat bei Novartis? Was ist für uns wichtig, damit sich dies im Verwaltungsrat widerspiegelt?
Ingo Notthoff: Schauen wir auf die geopolitischen Veränderungen, die gerade sehr präsent sind. Wie muss Ihrer Meinung nach ein Verwaltungsrat für die Zukunft aufgestellt sein?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Der Verwaltungsrat muss in seiner Zusammensetzung sehr breit und divers aufgestellt sein, so dass unterschiedliche Perspektiven willkommen sind. Und dann, was auch zentral für jedes Unternehmen ist, ist die Risikobewertung - schauen Sie sich an, wo potenzielle Risiken für das Unternehmen sind und dass dies auf der Ebene des Verwaltungsrats besprochen und diskutiert wird und dass bereits Maßnahmen ergriffen werden.
Ingo Notthoff: Sie haben gerade das Thema Diversität angesprochen. Wie wichtig ist das aus Ihrer Sicht für den Unternehmenserfolg und welche Rolle spielt Diversität für Sie?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Ich bin überzeugt, dass dies sehr wichtig ist. Diversity, und vor allem auch die verschiedenen Aspekte von Diversity. Meistens versteht man darunter ja nur Gender Diversity, aber ich bin überzeugt, dass eine diverse Gruppe, die eben sehr unterschiedliche Sichtweisen hat und auch unterschiedliche Herangehensweisen, die besseren Entscheidungen fällt. [...] Dafür braucht es ein gemeinsames Verständnis, gegenseitigen Respekt, auch für jemanden, der anders denkt.
Und wenn das der Fall ist, ist das meiner Meinung nach sehr, sehr bereichernd.
Ingo Notthoff: Darf ich fragen, wie divers der Verwaltungsrat der Novartis aufgestellt ist?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Wenn Sie sich die Gender Diversity ansehen, haben wir 31 % Frauen. Wir halten das nicht für gut genug, wir arbeiten daran. Und dann ist da noch die ethnische und geografische Diversität. Es hängt wirklich davon ab, in welchen Ländern und Kontinenten Sie als Unternehmen tätig sind. Und da haben Sie eine gemischte Zusammensetzung. Und dann die Diversität, auch was den Hintergrund angeht. Wir haben Wissenschaftler, wir haben Finanzleute, wir haben CEOs, Anwälte. Es geht also auch um diese Vielfalt.
Ingo Notthoff: Wie bereiten Sie Verwaltungsratssitzungen vor und welche Rolle spielt da vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen?
Dr. Charlotte Pamer-Wieser: Ich bin zuständig für den Verwaltungsrat der Novartis und auch für zwei Committees des Verwaltungsrats. Einige von ihnen haben sogenannte Recurring Items, also immer im April machen wir dies, immer im Juni machen wir jenes. Die ganze Organisation weiß, dass diese Themen auf der Agenda stehen werden. Und dann gibt es noch die Ad-hoc-Themen. Es gibt eine sehr zentrale und enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Einheiten, zum Beispiel mit dem Büro des CEO. Je besser unsere interne Zusammenarbeit funktioniert, desto einfacher ist der gesamte Prozess und desto besser ist auch die Vorbereitung.
Sie müssen sich vorstellen, dass innerhalb des Verwaltungsrats die meisten Mitglieder viel Zeit mit anderen Arbeiten verbringen, während der Corporate Secretary zu 100 % beschäftigt ist. Die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats haben also andere Aufgaben, die sie in anderen Unternehmen oder als Selbstständige wahrnehmen.
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