Professionelles Recruiting als Erfolgsfaktor: Verwaltungsräte gezielt besetzen mit Felix Howald
Podcast “The Agenda”
“The Agenda” von Sherpany geht auf die Herausforderungen von Führungskräften ein und beschreibt den Weg von der Problemstellung bis hin zur Entscheidung. In der aktuellen Staffel tauchen wir ein in das Innerste der Unternehmensführung. Es erwarten Sie Experten-Talks zu den vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit – von verantwortungsvoller Nachhaltigkeit bis zur Anwendung von Spitzentechnologien.
Begleiten Sie uns in dieser einzigartigen Gesprächsreihe, präsentiert von Podcast-Host Ingo Notthoff.
In dieser Podcast-Folge hören Sie:
Felix Howald ist Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG und hat in dieser Funktion bereits hunderte Unternehmen und Verwaltungsräte beraten. Er ist zudem Verwaltungsratspräsident des KKL Luzern – eine Eventlocation, an der jährlich über 500 nationale und internationale Veranstaltungen in den Bereichen Musik, Gastronomie, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung stattfinden. Mit Podcast-Host Ingo Notthoff spricht er über die erfolgreiche Besetzung von Verwaltungsräten, wie sich die Rolle und Zusammensetzung in den letzten Jahren verändert hat und warum ein professionelles Recruiting immer wichtiger wird.
- Welche Kompetenzen und Erfahrungen muss ein Verwaltungsrat mitbringen?
- Wie haben sich die Rolle und Aufgaben in den letzten Jahren verändert?
- Wie divers sind Verwaltungsräte aktuell aufgestellt?
- Was macht einen guten Recruiting-Prozess für Verwaltungsräte aus?
- Welche Bedeutung hat die Vergütung von Verwaltungsräten?
Keine Zeit für die komplette Episode? Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus unserem Gespräch mit Felix Howald.
Ingo Notthoff: Felix, wir sind im Vorgespräch direkt zum Du übergegangen. Steigen wir jetzt auch gerne sofort ins Thema ein: Wie wird man eigentlich Verwaltungsrat oder Verwaltungsrätin?
Felix Howald: Das Wichtigste ist, dass man Kompetenzen entwickelt. Man muss in einem Bereich Kompetenzen entwickeln, der für einen Verwaltungsrat interessant ist. Das können Führungskompetenzen sein, gewisse Branchenkompetenzen, Finanzkompetenzen. Natürlich sind auch Beziehungen und ein gutes Netzwerk wichtig. Aber ich glaube, das Allerwichtigste ist, gute Kompetenzen zu entwickeln. Das heißt, Erfahrung auf Unternehmensseite zu sammeln - man muss ja in einem Verwaltungsrat etwas einbringen können. Man muss beitragsfähig und in vielen Bereichen kompetent sein, um deshalb auch angefragt zu werden
Ingo Notthoff: Werden diese Positionen ganz normal ausgeschrieben, wie wir das auch kennen, bei diversen Stellenbörsen?
Felix Howland: Nein, der Normalfall heute ist immer noch: man sitzt im Verwaltungsrat, jemand tritt zurück, man schaut sich an und fragt sich, wer kennt jemanden, der passen könnte? Ich finde, das ist absolut suboptimal, denn man geht einfach nur vom eigenen Netzwerk aus. Man verzichtet auf all die Personen, die außerhalb des Netzwerks sind. Aber das ist der Normalfall. Ich plädiere natürlich für ein anderes Vorgehen. Man sollte die eigene Komfortzone verlassen. Man sollte sich wirklich überlegen: Was suchen wir genau? Welche Kompetenzen wollen wir in unseren Verwaltungsrat holen? Was für ein Profil brauchen wir? Und dann ganz spezifische Suchstrategien starten, um genau diese Person zu finden.
Ingo Notthoff: Was muss ein Verwaltungsrat an unverzichtbaren Kompetenzen mitbringen?
Felix Howald: Hier muss man unterscheiden zwischen den allgemeinen Kompetenzen und den spezifischen Kompetenzen. Die allgemeinen Kompetenzen habe ich schon angesprochen. Zudem ein sehr starkes Interesse am Unternehmen selbst, man muss das Unternehmen kennen.
Und natürlich auch ein gewisses Interesse haben. Wenn man sich nicht für Fleischverarbeitung interessiert, dann sollte man auch nicht zu einer Fleischfirma gehen. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Dann braucht es Sympathie. Die Chemie muss stimmen. Man sollte auch das Umfeld kennen. Man sollte wissen, wo man sich bewegt, in welcher Branche. Und ein unabhängiges Netzwerk einbringen können. Zudem ist es wichtig, dass man eine gewisse Distanz hat, dass man die Aussensicht einnehmen und diese dann auch einbringen kann. Etwas, das oft vergessen wird, ist auch die zeitliche Komponente. Denn man muss wirklich die Zeit aufwenden können, nicht nur für die Sitzungen selbst, sondern auch für die
Vorbereitung und Nachbereitung
. Auch wenn es mal nicht so gut läuft, gerade wenn man das Präsidialamt übernimmt, wird dieser Faktor oft unterschätzt. Das sind die allgemeinen Voraussetzungen, die sehr wichtig sind.
Und dann kommt es natürlich auch darauf an, welches Profil man sucht, denn es gibt sehr verschiedene Profile. Oft natürlich die Finanzkompetenzen, man muss eine Bilanz lesen können, man muss die Zahlen des Unternehmens verstehen können. Oder eben auch Führungskompetenzen. Bei uns ist es sehr oft der Fall, dass man wirklich jemanden will, der selbst schon eine Gesamtverantwortung gehabt hat, der schon einmal eine Firma geführt hat.
Die Anforderungen an Verwaltungsräte steigen stetig […] und es kommen immer neue Themen hinzu: KI, strategische HR, digitale Transformation. Das geht in einem immensen Tempo weiter
Ingo Notthoff: Du hast gerade das Thema Zeit angesprochen. Wie hat sich denn das in den letzten Jahren verändert? Ist der Zeitaufwand in den letzten zehn bis zwanzig Jahren größer geworden für Aufsichtsräte bzw. Verwaltungsräte?
Felix Howald: Ich glaube schon. Ich denke, einerseits nimmt man die Arbeit viel ernster. Die Aufgabe eines Verwaltungsrates war es früher oft, zusammenzukommen, etwas abzunicken und dann zum Abendessen zu gehen. Heute sind die Anforderungen viel stärker. Schon das ganze Verständnis des Verwaltungsrates hat sich in den letzten Jahren stark verändert.
Auch die Anforderungen an die Personen, was sie mitbringen, welche Themen besprochen werden, die Bedürfnisse und somit auch der Zeitaufwand haben sich verändert. Und es gibt Themen, die früher noch nicht existent waren, die heute aber angesprochen werden müssen. Und somit kann man sagen, dass grundsätzlich das zeitliche Bedürfnis sehr stark gestiegen ist.
Ingo Notthoff: Was sind das für Themen, von denen du da sprichst?
Felix Howald: Heute sind die Themen, über die man überall spricht, digitale Transformation, grundsätzlich Transformation. Alles geht ja viel schneller, deshalb braucht man auch viel mehr Zeit, um diese Themen zu besprechen. Was heute auch sehr aktuell ist, ist das strategische HR. Wie mache ich meine Firma attraktiv auf dem Arbeitsmarkt? Wie finde ich die Leute, das ganze Thema Fachkräftemangel, aber auch die neuen Entwicklungen, die neuen Technologien und künstliche Intelligenz.
Ingo Notthoff: Du begleitest Unternehmen bei der Suche nach Verwaltungsräten. Wie läuft denn so ein Recruiting-Prozess ab?
Felix Howald: Das Wichtigste ist, dass es der Firma überhaupt in den Sinn kommt, sich professionell extern begleiten zu lassen. Ich glaube, das ist immer noch eine Minderheit auf dem Markt. Das sind vielleicht 10, 15 Prozent der Firmen. Und wenn es dann zum Kontakt kommt, sitzen wir mit der Firma zusammen und überlegen uns gemeinsam, welche Kompetenzen im bestehenden Verwaltungsrat vorhanden sind. Welche gehen verloren durch möglicherweise austretende Mitglieder?
Welche hat man nicht, weil sie nicht wichtig waren, die aber in Zukunft wichtig sein werden? Dann definiert man dieses Anforderungsprofil. Das ist der wichtigste Prozess, dann bestimmt man auch, was man schlussendlich rausbekommt. Wenn dieses Profil besteht, gehen wir damit raus.
Wir haben drei Säulen, die wir verfolgen. Wir haben innerhalb der Firma eine sogenannte VR-Watchlist. Das ist ein Pool von potenziellen und aktuellen Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräten aus der ganzen Schweiz, aus den verschiedenen Branchen, die wir über die letzten 20 Jahre gesammelt haben. Wir schauen, wer zu diesem Profil passt und fragen die Leute an.
Zweitens schreiben wir auch immer aus. Wir machen das auf unserer Website, aber natürlich auch in den sozialen Businessmedien. Wir haben etwa 10.000 Follower auf LinkedIn und das hat einen unglaublichen Lawineneffekt.
Und der dritte Bereich ist ganz gezielt Research. Wir überlegen uns zu jedem Profil: wo könnte es Personen haben, in welchen Firmen, in welchen Verbänden, die wir angehen können? Wir fragen dann direkt, ob sie interessiert wären. Dann verlangen wir in jedem Rekrutierungsvorgang ein Motivationsschreiben und einen aktuellen CV. Motivationsschreiben sind oft sehr aussagekräftig. Man sieht, was die Leute mitbringen, was ihre Motivation ist, wieso sie dabei sein wollen. Anschließend treffen wir eine Vorauswahl. Normalerweise haben wir in einem normalen Verfahren zwischen 15 bis 25 Kandidatinnen und Kandidaten, die erstens alle dieses Amt wirklich wollen und zweitens auch das Profil erfüllen.
Schließlich sind wir wieder in Kontakt mit dem Kunden und überlegen, welche Personen zum Erstgespräch eingeladen werden, dann kommt es zum Zweitgespräch und dann mehr oder weniger bald zum Entscheid.
Ingo Notthoff: Welche Trends siehst du künftig bei der Zusammensetzung von Verwaltungsräten?
Felix Howald: Ich glaube, die Suche wird professioneller werden, weil man sich bewusst wird, dass das System aktuell ein Netzwerk von Best Buddies ist, das in Zukunft einfach nicht mehr funktioniert. Weil man auch immer auf etwas verzichtet, wenn man nur im eigenen Netzwerk fischt. Ich auch, dass die Anforderungen an Verwaltungsräte stetig steigen. Also sowohl vom zeitlichen Aspekt her, aber auch vom inhaltlichen Aspekt, dass die Anforderungen stärker werden. Und ich glaube auch, dass immer neue Themen dazukommen. Wir haben heute von KI gesprochen, vom strategischen HR, von digitaler Transformation. Ich glaube, das geht in einem immensen Tempo weiter.
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