Diversität 4.0: Die Zusammenarbeit von Menschen und Maschinen mit Kenza Ait Si Abbou
Podcast “The Agenda”
“The Agenda” von Sherpany geht auf die Herausforderungen von Führungskräften ein und beschreibt den Weg von der Problemstellung bis hin zur Entscheidung. In der aktuellen Staffel tauchen wir ein in das Innerste der Unternehmensführung. Es erwarten Sie Experten-Talks zu den vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit – von verantwortungsvoller Nachhaltigkeit bis zur Anwendung von Spitzentechnologien.
Begleiten Sie uns in dieser einzigartigen Gesprächsreihe, präsentiert von Podcast-Host Ingo Notthoff.
In dieser Podcast-Folge hören Sie:
Kenza Ait Si Abbou ist Chief Technology Officer und Mitglied des Vorstands beim Logistik-Dienstleister FIEGE. Sie ist Speakerin zu Themen an der Schnittstelle von künstlicher und emotionaler Intelligenz, Befürworterin für Female Empowerment und Diversity, Expertin für Robotics und Digitalisierung und Besteller-Autorin. Und sie sagt, „… dass man auf Algorithmen super tanzen kann“.
Mit Podcast-Host Ingo Notthoff spricht sie über den sicheren Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen, wie der Vorstand diesen gewährleisten kann und was das für die Mitarbeitenden bedeutet. Zudem geht es um Diversität 4.0 – wie Menschen und Maschinen künftig zusammenarbeiten können.
- Welche Chancen bietet der Einsatz von KI in Unternehmen?
- Wie lässt sich KI sicher in Unternehmen einsetzen?
- Wie sollten Mitarbeitende auf die KI-Nutzung vorbereitet werden?
- Wie geht das oberste Managementebene mit KI um? Gibt es ein Risikomanagement?
- Wie können Menschen und Maschinen künftig Hand in Hand zusammenarbeiten?
- Welche Fähigkeiten müssen künftige Talente mitbringen?
Keine Zeit für die komplette Episode? Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus unserem Gespräch mit Kenza Ait Si Abbou.
Ingo Notthoff: Willkommen, Kenza zum The Agenda Podcast. Ich habe etwas auf deiner Webseite gefunden, das musst du direkt erklären. Du schreibst: "Ich weiß, dass man auf Algorithmen super tanzen kann." Wie kann man denn auf Algorithmen tanzen?
Kenza Ait Si Abbou: Ja, also dieser Spruch entstand tatsächlich mit meinem ersten Buch Keine Panik, ist nur Technik . Da stehe ich auf dem Cover in einer Tanzpose sozusagen und so hat sich das entwickelt. Aber tatsächlich sehe ich das auch wie so einen Tango. Der Mensch und der Algorithmus. Einer führt, der andere macht mit. Das muss gut abgestimmt sein, damit der Tanz schön aussieht. Und so kam die Analogie zum Tanz zustande.
Ingo Notthoff: Ich habe für den Start ins Thema KI zwei provokante Thesen mitgebracht, die man immer wieder liest und auch hört. Die erste: KI wird die Weltherrschaft an sich reißen. Was denkst du?
Kenza Ait Si Abbou: Wird die KI die Welt retten oder die Menschheit besiegen? Ja, ich frage mich oft, woher diese Bilder kommen. Meine Vermutung dazu ist aus dem Terminator, also aus der Science Fiction. Wir sind alle damit aufgewachsen. Dass die Maschinen die Weltherrschaft übernehmen wollen und dann, in der Regel, endet es ja auch gut. Aber aus dieser Fantasie heraus lassen wir uns prägen und es fällt uns schwer, uns ein Happy End zu überlegen, in dem nicht die Maschine diese Pläne geschnürt hat, sondern von Anfang an irgendwie als Unterstützung gegolten hat. Am Ende des Tages kann keiner von uns sagen, wie es sein wird. Was wir sagen können, ist: Wie möchten wir, dass es wird? Wenn wir nicht wollen, dass die Maschinen die Welt erobern, dann müssen wir heute dafür sorgen, dass es nicht passiert. Das ist das, was wir beeinflussen können.
Ingo Notthoff: Das zweite, das ich oft höre: Künstliche Intelligenz vernichtet viele Arbeitsplätze künftig. Werden wirklich viele Menschen ihre Jobs verlieren?
Kenza Ait Si Abbou: Es werden viele Jobs anders aussehen, beziehungsweise alle Jobs werden anders aussehen. Was verloren gehen wird, sind Tätigkeiten. Das heißt, alles, was wir heute automatisieren, das sind Tätigkeiten, die die Menschen nicht mehr machen müssen.
Das sind in den seltensten Fällen 100 Prozent der Jobs. Die Jobs verändern sich. Das ist klar. Auch alle möglichen Jobs. Früher haben gesagt, repetitive Jobs, das wird man in Zukunft nicht mehr in der Form haben. Inzwischen wissen wir vom Ingenieur zum Arzt, zum Programmierer, zur Künstlerin. Alles, auch im Kreativbereich, wird mit degenerativen KI-Möglichkeiten künstlich zu erzeugen sein.
Das bedeutet aber nicht, dass die Leute arbeitslos sind, sondern dass wir alle lernen müssen, diese Technologie tatsächlich in unseren beruflichen Alltag zu integrieren und uns damit weiterzuentwickeln.
Die Top Skills der Zukunft sind Ambiguität, Toleranz, emotionale Intelligenz und analytisches Denken
Ingo Notthoff: Jetzt ist die KI da. Wie sollten Unternehmen ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte vorbereiten, um diese KI zu nutzen?
Kenza Ait Si Abbou: Ja, die KI ist nicht per se da. Man kann sie zumindest frei nutzen, wenn man sie möchte. Und das ist genau der Punkt. Die Technologie ist da. Ja. Die ist vorhanden.
Aber wenn es um einen Enterprise-Einsatz geht, also im Unternehmen, gibt es keine kostenlose Lösung. Da braucht man schon eine Lösung, bei der man sicher sein kann, dass die Daten geschützt sind, dass sie das Unternehmen nicht verlassen, dass sie nicht mit anderen geteilt werden. Und das sind keine kostenlosen Lösungen wie Chat GPT. Deswegen sage ich, die KI zwar da, aber auch nicht unbedingt da.
Theoretisch könntest du Unternehmensdaten nehmen, könntest die im Chat GPT eingeben und Chat GPT würde dann mit Informationen gefüttert, die es eigentlich gar nicht wissen sollte. Wie kannst du die Menschen darauf vorbereiten? Wie kannst du als Unternehmen sicherstellen, dass sowas nicht passiert? Kontrollieren ist schwierig.
Deswegen muss man eher mit Awareness, Trainings, Fortbildungen und viel Kommunikation arbeiten. Viele Unternehmen haben Chat GPT am Anfang verboten für die berufliche Nutzung, was in meinen Augen richtig ist. Das ist der Punkt. Ich muss wissen, was das richtige Tool für welchen Zweck ist.
Jedes Unternehmen braucht eine KI-Strategie und die besteht aus verschiedenen Säulen. Ein Teil davon ist eine Datenstrategie, eine Tech-Strategie, ein Operating Model, denn die Art und Weise zu arbeiten verändert sich tatsächlich. Wie man die Projekte aufsetzt, wie man sie durchführt, wie man sie finanziert. Das ist anders. Und ein Teil sind die Compliance - und ich will nicht sagen Regulierung - aber jedes Unternehmen unterliegt ja auch einer Regulierung und muss sicherstellen, dass seine Mitarbeitenden zum Beispiel keine Mitarbeiter- oder Kundendaten in so einem Tool hochladen, bei dem die Datensicherheit nicht besteht. Zudem hast du das Enablement im Unternehmen, das ist dann eher Richtung People- und Culture-Themen und Fortbildung. Das ist alles Teil einer KI-Strategie.
Ingo Notthoff: Du hast gerade Strategie gesagt. Gibt es auch so etwas wie ein Risikomanagement, zum Beispiel bei euch auf oberster Management-Ebene, zum Thema KI?
Kenza Ait Si Abbou: Ja, natürlich. Du hast ja in jedem Unternehmen ein Risikomanagement, das in der Regel eher im Compliance-Bereich liegt. Dann braucht man aus dem Tech-Team zusätzlich jemanden, der diese Risiken einschätzen und melden kann, ähnlich wie wir es mit dem Datenschutz haben, zum Beispiel. Diese Strukturen müssen in jedem Unternehmen vorhanden sein.
Ingo Notthoff: Nutzt Ihr auf Management-Ebene KI, zum Beispiel für eure Sitzungen?
Kenza Ait Si Abbou: Bisher nicht, nein. Die Sitzungen sind analog, es wird digital alles dokumentiert, aber wir haben kein Tool.
Ingo Notthoff: Das wäre vielleicht mal eine Idee, du machst bestimmt sehr viele Meetings am Tag. Was würdest du dir wünschen, was so eine KI in deinem Meeting-Alltag verbessern könnte?
Kenza Ait Si Abbou: Was ich in meinem Meeting-Alltag verändert haben möchte, das ist: weniger Meetings. Also nicht die Meetings besser, sondern einfach weniger. Die Anzahl reduzieren. Und das geht sicherlich, wenn die Prozesse und Abstimmungen in irgendeiner Form automatisiert werden können, wenn jeder weiß, was er zu tun hat und die Wege klar sind. Denn am Ende des Tages ist das, was wir in den Meetings machen, ja selten inhaltliche Arbeit. Es ist nur dafür zu sorgen, dass Menschen informiert sind. Es geht um Kommunikation. Der Vorstand ist ja so eine Entscheidungs- und Freigabemaschine. […]. Wir haben Kriterien anhand derer wir entscheiden, ob es eine Logik dahinter gibt. Und wenn man diese Logik automatisiert, oder irgendwo rein programmiert, dann wäre man schon in der Lage, viele Entscheidungen vorher zu automatisieren, so dass die Menschen sich nur noch mit Sachen auseinandersetzen, die nicht so eindeutig sind. Oft habe ich tatsächlich auch no-brainer Entscheidungen, bei denen ich mich frage, warum werde ich überhaupt gefragt? Das müsste doch klar sein. Dann hast du wieder den Teil der Absicherung. Kenza hat es freigegeben. Das gibt es natürlich auch und die Absicherung kann keine Maschine übernehmen, glaube ich. Verantwortung kann man nicht übergeben an eine Maschine.
Ingo Notthoff: Was für Fähigkeiten müssen künftige Talente mitbringen, vor allem mit Blick auf die KI?
Kenza Ait Si Abbou: Neugierde. Talente müssen anders gerüstet sein.
Die Hardskills der Vergangenheit werden die Softskills der Zukunft und die Softskills heute werden die Hardskills der Zukunft. Und dem kann ich nur zustimmen. Wenn wir Leute suchen, wollen wir ganz viel sehen, was sie alles machen können und gemacht haben. Das sind die Qualifikationen, die wir vielleicht in den nächsten ein bis fünf Jahren brauchen. Was danach kommt, weiß kein Mensch.
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