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Wie lassen sich Meetings im hybriden Arbeitsumfeld verbessern?

Dr. Nale Lehmann-Willenbrock spricht mit Podcast-Moderator Ingo Notthoff über die Auswirkungen von hybrider Arbeit für Mitarbeitende, Möglichkeiten, um Meetings zu optimieren, und ihre Erfahrungen mit Meetings im Metaversum.

Nale Lehmann-Willenbrock - Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg
Nale Lehmann-Willenbrock
Podcast “The Agenda”

“The Agenda” von Sherpany geht auf die Herausforderungen von Führungskräften ein und beschreibt den Weg von der Problemstellung bis hin zur Entscheidung. In dieser einzigartigen Podcast-Reihe mit Podcast-Moderator Ingo Notthoff zeigen sich Führungskräfte und Expert:innen von ihrer offenen Seite. #LeadingTogether

In dieser Podcast-Episode hören Sie:

Prof. Dr. Nale Lehmann-Willenbrock von der Universität Hamburg spricht über Meetings in der heutigen Arbeitswelt – hybrid oder virtuell –, die Rolle der Meeting-Leitung und darüber, warum man Meetings effizienter und produktiver gestalten sollte. Basierend auf jahrelanger Erfahrung und Forschung erörtert Prof. Lehmann-Willenbrock auch die Auswirkungen hybriden Arbeitens für Mitarbeitende und Führungskräfte und teilt ihre eigenen Erfahrungen mit virtuellen Meetings im Metaversum.

Hier einige der in der Podcast-Episode bereitgestellten Themen, um Meetings zu optimieren und für die Zukunft zu gestalten:

  • Warum Manager nicht in der Lage sind, Meetings effizient zu nutzen
  • Die Rolle der Meeting-Leitung
  • Die Auswirkungen von virtuellen Meetings auf die Mitarbeitenden
  • Wie man Meetings durch den Einsatz von KI optimiert

Wie man Meetings im hybriden Umfeld optimiert – mit Prof. Dr. Lehmann-Willenbrock

Warum Führungskräfte nicht in der Lage sind, Meetings effizient zu nutzen

"Es gibt viele Organisationen, in denen Meetings eher ineffizient und echte Zeitfresser sind. Viele Mitarbeiter wissen oft nicht, wann sie überhaupt die Zeit finden, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen.

Wir benötigen Meetings für ganz viele unterschiedliche Zwecke und haben dafür wenig andere Lösungen. Meetings werden ja nicht vorab festgelegt oder terminiert, weil wir nicht wissen, wo wir mit unserer Zeit hin sollen, sondern weil wir sie brauchen, um uns auszutauschen, gemeinsam komplexe Probleme zu lösen, an Informationen zu kommen, Konsensentscheidungen treffen zu können und so weiter.

Es gibt organisationale Ziele, die an Meetings gebunden sind. Deswegen ist es gar nicht so einfach zu sagen: Ach, wir verzichten jetzt mal darauf. Solche Versuche gibt es in der Praxis, auch so was wie Meeting-freie Zonen im Kalender einzurichten. Das ist sicherlich alles sinnvoll, aber ganz darauf verzichten können wir nicht, weil die meisten von uns in komplexen Zusammenhängen arbeiten, wo wir uns austauschen müssen – und das eben auch oft in Meetings. Das geht nicht alles asynchron. [...]

Wenn man jetzt 30 Jahre zurückblickt, gab es deutlich weniger Meetings. 20 Jahre zurück auch, zehn Jahre zurück auch. Man sieht einen wachsenden Trend, der sich auch kritisch auf die individuelle Arbeitszeit auswirkt. Das ist ja genau die Frage: Woran liegt das eigentlich und wann schaffen wir noch unsere Aufgaben? 

Aber das ist ein Ausdruck einer sehr partizipativen Kultur – und per se nichts Schlechtes: Also zu sagen, Entscheidungen trifft nicht die Führungskraft alleine, sondern wir wollen gemeinsam entscheiden, wo es langgeht. Aus der Organisationspsychologie wissen wir sehr gut: Entscheidungen, die gemeinsam gefällt wurden, werden auch eher getragen und implementiert."

 

Die Rolle der Meeting-Leitung

"Teams, die nur noch verteilt arbeiten, haben große Schwierigkeiten, ein Wir-Gefühl oder überhaupt ein gemeinsames Verständnis als Team aufrechtzuerhalten. [...] Das hat natürlich auch Konsequenzen für die Organisationen. Wenn Mitglieder sich ihrem Team weniger verbunden fühlen, dann ist das Team [...] das kleinste Kollektiv innerhalb der Organisation. Das bedeutet langfristig auch, dass ich mich meiner Organisation weniger verbunden fühle. [...]

Während der Corona-Pandemie-Zeit hat sich eine andere Erwartungshaltung entwickelt – die Erwartung: Ich möchte auch von zu Hause aus arbeiten können und ich möchte, dass es mir leichter gemacht wird – die sogenannte Work-Family-Balance oder Work-Home-Balance herzustellen. Die ist einfach da und wurde geprägt durch die Pandemie-Zeit – und das hat ja auch ganz viel Gutes. Deswegen müssen Kompromisse gefunden werden aus meiner Sicht.

Welchen Anteil haben Leiter und Leiterinnen von Meetings am Erfolg?

Einen großen. Zumindest wenn Sie diejenigen sind, die das Meeting auch wirklich leiten [...] das kann und darf auch gerne eine Funktion sein, die mal im Team rotiert. Da raten wir sogar dazu, dass nicht einer oder eine immer die Leitung übernimmt, sondern dass man eher schaut: Gibt es einzelne Agendapunkte, für die es spezifische Experten im Team gibt? Dann sollen doch die bitte diesen Punkt moderieren, damit auch ein gemeinsames Verantwortungsgefühl für die Effizienz des Meetings entsteht.

Aber nichtsdestotrotz ist es auch die Führungskraft oder eine offizielle Meeting-Leitung, die dort den Ton angibt. Die haben ein ganz wichtiges Signal für das Meeting. Zum einen, wie startet das? Mit welchem Klima starten wir ins Meeting? Ist Humor erlaubt? Und wenn ja, in welcher Form? Was ist eigentlich der Fokus? Wie wollen wir miteinander umgehen? All das vermittle ich – wie eine Art Signal – durch mein eigenes Verhalten als Meeting-Leitung.

Wenn ich in ein Meeting komme, sehr förmlich starte und direkt mit dem ersten Agendapunkt beginne, dann hat das einen ganz anderen Effekt, als wenn ich reinkomme und sage: Hey, wie geht es euch denn heute, wollen wir uns nicht nochmal kurz drei Minuten Zeit nehmen, damit jeder mal kurz sagt, was ihn oder sie gerade so umtreibt. Und dann starten wir erst mit der Agenda. Das ist eine bewusste Entscheidung, die einen gravierenden Effekt darauf hat, wie das Meeting verläuft. Auch hat das eigene Interaktionsverhalten im Meeting eine ganz starke Modellwirkung für alle anderen.

Wir konnten zum Beispiel zeigen, dass Meeting-Leitungen, die selber viel über Lösungen diskutieren und Visionen aufzeigen – einfach positiv interagieren, durchaus auch positive Interaktionsmuster im Team lostreten können. Versus: Wenn ich selber jammere, wie schlecht alles ist, da wird mein Team das mit Sicherheit aufgreifen. Also das eigene Verhalten hat da durchaus eine Art Modellfunktion. [...]

Bei hybriden Meetings müssen sie vor allem beachten, wo sie selbst sitzen. Wir wissen, dass es besonders schwierig ist, wenn die Meeting-Leitung die einzige Person ist, die sich remote zuschaltet und alle anderen sind vor Ort. 

Wenn sich einige nur virtuell zuschalten können oder wollen, dann sollte die Meeting-Leitung nicht auch noch diejenige Person sein, die dafür sorgt, dass dort Inklusion herrscht und alle gleichermaßen zu Wort kommen [...], sondern dafür vielleicht jemanden einweisen oder jemanden aus dem Team bitten, sich darum zu kümmern, sodass man diese unterschiedlichen Führungsfunktionen im Meeting auf mehrere Köpfe verteilt bekommt."

Es ist eben auch die Führungskraft oder eine offizielle Meeting-Leitung, die dort den Ton angibt. Und die haben ein ganz wichtiges Signal für das Meeting.


Der Einfluss virtueller Meetings auf Mitarbeitende

"Viele Mitarbeitende schalten in Meetings irgendwann ab, weil sie vielleicht auch nicht mehr können. Warum schalten sie ab? Aus unterschiedlichsten Gründen, zum Beispiel aus physiologischen: Wenn ich ein virtuelles Meeting nach dem nächsten habe, dann habe ich das in der Regel sitzend an meinem PC. Wenn ich keine Pausen habe, kann ich im Worst Case nicht mal zwischendurch das Fenster öffnen, auf die Toilette verschwinden oder was man sonst noch so braucht [...] 

Es ist relativ plausibel, dass das körperliche Folgen nach sich zieht, wie Ermüdungserscheinungen, Konzentrationsschwächen, tatsächlich auch Augenprobleme. Das sind auch Dinge, die wir in der Forschung sehen – also handfeste körperliche Symptome. Da ist es die Frage: Macht es Sinn, sich dann immer in großen Runden zusammenzusetzen? Da kann man ein bisschen gegensteuern durch einfache Dinge, wie die Regel, dass Meetings keine Stunde dauern dürfen, sondern nach 50 Minuten enden müssen.

Da muss man sich ein bisschen von den Zwängen von Outlook beispielsweise befreien, weil Outlook schlägt als Standard immer einstündige Meeting-Slots vor. Wenn ich mich nicht anstrenge, ist das genau das, was ich in der Agenda habe. Der nächste macht es genauso – und so weiter. Am Ende fragt man sich, wo denn die Pausen hin sind. Und Meetings dauern ja immer genauso lange, wie sie angesetzt werden. Und auf keinen Fall kürzer.

Welche Erfahrungswerte hast du gemacht?

Da muss man einfach Disziplin zeigen und vielleicht auch mal auf die Meeting-Forschung verweisen. Wir haben auch viel geforscht zu Meeting-Lateness – also dem Phänomen, dass viele Meetings zu spät anfangen. Das ist nicht unkritisch, weil die paar wenige, die dann pünktlich kommen, total genervt sind und das auch bleiben im Meeting.

Das gefährdet uns die ganze Taktung über den Arbeitstag, wenn man sich überlegt, dass man nicht nur ein Meeting, sondern vielleicht fünf hat. Und jedes Meeting, das zu spät beginnt, überzieht tendenziell auch und gefährdet dann die Pünktlichkeit des nächsten Meetings. Das ist wie ein Dominoeffekt über den Arbeitstag verteilt. Sich das bewusst zu machen, ist eine wichtige Aufgabe der Meeting-Leitung: selbst pünktlich zu sein und vor allem auch pünktlich zu schließen. [...] Führungskräfte sind diejenigen, die eher mehr Meetings haben als Mitarbeitende: Dann ist es natürlich im eigenen Interesse, pünktlich zu schließen, damit man eine Pause hat und das nächste Meeting entsprechend auch pünktlich beginnen kann."

 

Wie man Meetings mit KI optimieren kann

"Da müssten wir jetzt die Informatiker mit ins Boot holen. Aber letztendlich liegt das ja an dem Bild, das meine Kamera aufzeichnet und bei dir auf dem Bildschirm wiedergegeben wird. Da kann sich eine KI zwischenschalten, sodass es bei dir so aussieht, als hätte ich dich angeschaut und nicht nur meinen Bildschirm. [...] Dann geht es auch um die vielen Probleme, mit denen virtuelle Meetings behaftet sind: dass wir die Zwischentöne nicht richtig mitbekommen und wenig Gefühl dafür haben, wie es den anderen geht. Auch da könnte man perspektivisch KI einsetzen, weil KI zum Beispiel auch den Affekt erkennen kann. 

Die Frage ist: Wollen wir das? Wer will das? Und wie sieht Feedback aus, dass auch dem Team wirklich nützt – und nicht einzelne mit solchen Vorbehalten zurücklässt, dass sie dann gar nichts mehr sagen. Aber die Möglichkeiten sind da und ich denke, da wird sich in den nächsten Jahren auch relativ viel tun. Wir forschen dazu auch. 

Das andere Thema Metaverse ist ja was, das schon länger in der Diskussion ist – ob die Zukunft von Meetings nicht vielleicht so ausschaut, dass wir nicht mehr vor dem 2D-Kachel-Bild vorm Rechner sitzen, sondern alle mit VR-Brillen unterwegs sind. 

Ich dachte bis vor ein, zwei Jahren auch noch, dass das alles Zukunftsmusik und Geldmacherei ist und sowieso nichts wird. Aber die Entwicklungen sind gerade so rasant, dass ich mittlerweile auch dabei bin, mit Kollegen in der Informatik zu erforschen, wie eigentlich Gruppen-Interaktions-Prozesse im Metaverse aussehen. Wir hatten auch schon das eine oder andere Team-Meeting im Metaversum. Dafür gibt es unterschiedliche Software-Plattformen. Es ist zumindest amüsant, mal was anderes und bricht so ein bisschen die Routinen und Rituale im Meeting auf.

[...] Ein optimales Meeting in der hoffentlich nicht so fernen Zukunft sieht so aus, dass es völlig egal ist, ob Menschen vor Ort sind, sich virtuell zuschalten oder hybrid unterwegs sind, weil wir uns an alle Interaktionsmodi vollständig gewöhnt haben und somit eine maximale Bandbreite an Inklusionsmöglichkeiten in Organisationen haben."

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Nale Lehmann-Willenbrock - Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg
Nale Lehmann-Willenbrock
Über den Autor
Als Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg erforscht Prof. Dr. Nale Lehmann-Willenbrock, wie sich dynamische Teamprozesse und Interaktionen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden über die Zeit entfalten und entwickeln.