Schriftliche Beschlussfassung: Alles zum Umlaufbeschluss in deutschen Führungsgremien
Die Beschlussfassung in deutschen Führungsgremien wurde durch die Pandemie auf den Kopf gestellt. Der Umlaufbeschluss hat dabei wesentlich an Bedeutung gewonnen. Wir zeigen die wichtigsten rechtlichen Bestimmungen auf.
Homeoffice und Lockdowns haben die schnelle und formell korrekte Beschlussfassung in Führungsgremien erheblich erschwert. Das zu einem kritischen Zeitpunkt, in dem Entscheidungen zügig getroffen werden müssen, um die Geschäftskontinuität zu gewährleisten und ein Unternehmen durch den Sturm zu bringen. In diesen Zeiten ist in deutschen Vorständen, Aufsichtsräten und anderen Führungsgremien der sogenannte (digitale) Umlaufbeschluss immer wichtiger geworden.
Bei der hohen Verbreitung hybrider Arbeit und viel remote-basierter Kollaboration erfährt der digitale Umlaufbeschluss weiterhin eine hohe Bedeutung.
In diesem Artikel schauen wir uns dieses Thema genauer an und zeigen auf, was Führungskräfte über den Umlaufbeschluss wissen müssen. Wir beantworten diese vier Fragen:
- Was ist ein Umlaufverfahren resp. Umlaufbeschluss?
- Auf welche rechtlichen Bestimmungen ist bei Umlaufbeschlüssen in deutschen Führungsgremien zu achten?
- Was sind die gängigsten Herausforderungen rund um den Umlaufbeschluss?
- Wie funktioniert der digitale Umlaufbeschluss in der Sherpany Meeting Management Software?
Was ist ein Umlaufbeschluss?
“Beim Umlaufverfahren werden Beschlüsse ohne Zusammenkunft der Beteiligten / der beteiligten Gremien ausschließlich auf schriftlichem Wege gefasst. Das Umlaufverfahren kommt meist dann zur Anwendung, wenn die Entscheidenden keinen (weiteren) Diskussionsbedarf haben, gleichwohl aber ein formaler Beschluss notwendig ist. Mit dem Umlaufverfahren können Beschlüsse also ohne Zeit- und Kostenaufwand zügig gefasst werden.”1
Im Umlaufbeschluss können also (dringende) Angelegenheiten ohne eine Sitzung der Gremienmitglieder geregelt werden. Typischerweise kommt das Umlaufverfahren zur Anwendung, um Zeichnungsberechtigte zu nominieren, formell über Ernennungen zu befinden (Vertragsdetails wurden zuvor besprochen) oder eine Investition final zu bestätigen, deren Kennzahlen bekannt sind und wofür keine weitere Diskussion nötig ist.
Der Umlaufbeschluss ist der eigentliche Beschluss, der aus dem Umlaufverfahren resultiert, also gewissermassen das Resultat eines Umlaufverfahrens.
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Auf welche rechtlichen Bestimmungen ist bei einem Umlaufbeschluss in deutschen Führungsgremien zu achten?
Rechtlich ist beim Umlaufbeschluss vor allem im Aufsichtsrat einiges zu beachten. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber am 27. März 2020 das “Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie” (COVMG) erlassen.2 Im COVMG-Gesetz wird auf die Beschlussfassung eingegangen, da aufgrund von epidemiologischen Gründen physische Sitzungen kaum oder nicht mehr möglich waren. Der Geltungszeitpunkt für dieses Gesetz wurde bis auf Ende 2021verlängert. Aufgrund von anhaltenden Disruptionen und der anhaltenden Adaptierung an die hybride Arbeitswelt sind Beschlüsse im Umlaufverfahren weiterhin stark von der Digitalisierung geprägt.
Wir werden nun kurz auf die rechtlichen Bestimmungen des Umlaufbeschlusses in folgenden Gremien oder Rechtsformen eingehen:
- Aufsichtsräte
- Vorstände
- Gesellschafterbeschlüsse (GmbH)
- Genossenschaften, Vereine, Parteien und Stiftungen
Um die Einhaltung Ihrer internen Richtlinien sicherzustellen, sollten Sie zusätzlich aber zwingenderweise die Satzungsbestimmungen und Reglemente betreffend Beschlussfassung in Ihrem Gremium und Ihrer Organisation überprüfen.
Aufsichtsräte
In § 108 Absatz 4 des deutschen Aktiengesetzes steht: “Schriftliche, fernmündliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfassung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse sind vorbehaltlich einer näheren Regelung durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung des Aufsichtsrats nur zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht.” Aufsichtsräte können einem Umlaufbeschluss also widersprechen, wodurch zwingend eine Sitzung abzuhalten ist.3
Das COVMG erlaubt den Umlaufbeschluss nun auch Aufsichtsräten, die diesen eigentlich nicht vorgesehen haben: “Abweichend von § 108 Absatz 4 des Aktiengesetzes kann der Aufsichtsrat den Beschluss über die Zustimmung ungeachtet der Regelungen in der Satzung oder der Geschäftsordnung ohne physische Anwesenheit der Mitglieder schriftlich, fernmündlich oder in vergleichbarer Weise vornehmen.”4 In vergleichbarer Weise bezieht sich dabei laut gängiger Praxis vor allem auf den Umlaufbeschluss.
Der Aufsichtsrat kann seine Beschlüsse also auch ausserhalb von Sitzungen fassen, wenn sich mindestens drei Mitglieder an der Abstimmung beteiligen und niemand dieser Art der Beschlussfassung widerspricht. Die Beschlussfassung kann schriftlich (handschriftliche Unterschrift oder sichere elektronische Signatur gemäss eIDAS -Verordnung) oder fernmündlich (per Telefon oder Videokonferenz ) erfolgen.5
Für Aufsichtsräte in GmbHs gelten größtenteils die gleichen Bestimmungen, wie sie im Aktienrecht vorgesehen sind.
Vorstände
Kaum Regulationen gibt es bei Vorständen und weiteren operationellen Führungsteams. Beschlüsse des Vorstands können grundsätzlich in vielen verschiedenen Formen gefasst werden. Dazu gehören beispielsweise auch gemischte Beschlussfassungen (z. B. in hybriden Team-Meetings mit physisch anwesenden Teilnehmenden und Hinzuschaltung einzelner Mitglieder via Telefon oder Video) oder durch den Einsatz elektronischer Medien und Hilfsmittel (E-Mail, Telefax, dedizierte Meeting Management Software etc). Der Einsatz von gängigen elektronischen Unterschriftenlösungen ist zulässig.
Das COVMG erlaubt auch Unternehmen mit allfällig gegenteiligen Satzungsbestimmungen die Durchführung von Vorstandssitzungen ohne physische Anwesenheit der Mitglieder.6
Gesellschafterbeschlüsse (GmbH)
Das GmbH-Gesetz geht grundsätzlich von einer Beschlussfassung im Rahmen von “Präsenzversammlungen” aus. § 48 Abs. 2 GmbHG lässt jedoch einen schriftlichen Umlaufbeschluss zu, wenn alle Gesellschafter dem Beschlussvorschlag selbst oder zumindest dem Verfahren der Beschlussfassung zustimmen.7 Gesellschafterbeschlüsse sind also grundsätzlich auch schriftlich im Umlaufbeschluss möglich, soweit gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich nicht eine Generalversammlung abgehalten werden muss.
Wenn nur ein*e Gesellschafter*in dem Verfahren widerspricht, ist ein Umlaufbeschluss jedoch nicht erlaubt.
Das COVID-19-Gesetz setzt nun dieses Vetorecht gegen den Umlaufbeschluss außer Kraft. Art. 2 § bestimmt, dass Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden können.8
Die deutsche Anwältin Anne de Boer und der deutsche Anwalt Sven Ratke schreiben von wesentlichen Erleichterungen für Gesellschafterbeschlüsse im Umlaufverfahren. Sie raten jedoch, die für Präsenzversammlungen anwendbaren Regelungen soweit wie möglich auch im Umlaufbeschluss entsprechend anzuwenden, um das Risiko von Anfechtungen und der Nichtigkeit der gefassten Entscheidungen zu vermeiden. Dazu gehört, alle Gesellschafter*innen per Tagesordnung über die Abstimmung in Kenntnis zu setzen und genügend Zeit für Aussprachen einzuplanen. Zusätzlich sind für beurkundungsbedürftige Beschlüsse Besonderheiten zu beachten.9
Genossenschaften, Vereine, Parteien und Stiftungen
Für Genossenschaften schreibt das COVMG: “Abweichend von § 43 Absatz 7 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes können Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist.” Und folgt mit: “Sitzungen des Vorstands oder des Aufsichtsrats einer Genossenschaft sowie gemeinsame Sitzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats können auch ohne Grundlage in der Satzung oder in der Geschäftsordnung im Umlaufverfahren in Textform oder als Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt werden.”
Im Bezug auf Vereine, Parteien und Stiftungen schreibt das COVMG: “Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.”10
Was sind die gängigsten Herausforderungen rund um den Umlaufbeschluss?
Regelungen
Die zuvor genannten rechtlichen Bestimmungen und die internen Satzungsbestimmungen im Bezug auf Umlaufbeschlüsse zu kennen und dann korrekt zu befolgen, ist eine grosse Herausforderung. Aus Angst vor Nichterfüllung und Nichtigkeit wird dann oft doch eine physische Sitzung einberufen, was viel Zeit kostet, die je nach Dringlichkeit des Beschlusses möglicherweise nicht vorhanden ist. Und natürlich stellt dies zu Zeiten von COVID-19 auch ein gesundheitliches Risiko dar.
Technologie und Signatur
Wird die Durchführung eines Umlaufbeschlusses technologisch nicht optimal unterstützt, kann dies für viel Ärger sorgen. Dies wollen wir hier kurz aufzeigen.
Je nach Gremium und Regelung verlangt ein Umlaufbeschluss Schriftlichkeit, was eine handschriftliche Unterschrift oder Unterfertigung via einer sicheren elektronischen Signatur (gemäss eIDAS-Verordnung) bedeutet. Steht also keine Lösung für sichere elektronische Signaturen bereit, müssen Dokumente ausgedruckt, handschriftlich unterschrieben, eingescannt und dann per E-Mail an die zuständigen Administrator*innen weitergeschickt werden. Dieses Vorgehen ist in vielen Gremien Usus.
Manchmal kommt gar noch Fax zum Zug. Auch wenn die Übermittlung einer eingescannten Unterschrift via Fax oder E-Mail in der Praxis weitgehend akzeptiert wird, führt dies zu einem hohen administrativen Mehraufwand. Die E-Mail-Posteingänge von Administrator*innen werden überflutet, der Überblick fehlt, manche Mitglieder eines Gremiums könnten vergessen gehen, dazu kommen natürlich noch Kosten für Geräte wie Scanner. Insgesamt nimmt das Risiko für Fehler zu und es entsteht ein wesentlicher Zeitverlust.
Diese Probleme können behoben werden, indem Führungsgremien den digitalen Umlaufbeschluss in der Sherpany Meeting Management Software verwenden. Die Software deckt den Sitzungsprozess ganzheitlich ab, von der Vorbereitung und Agenda-Erstellung über die eigentliche Durchführung bis zur Nachbereitung mit Protokoll und Aufgabenübersicht. Zu diesem Prozess gehört seit 2017 auch der digitale Umlaufbeschluss. Schauen wir uns diesen etwas genauer an.
Die Software deckt den Sitzungsprozess ganzheitlich ab, von der Vorbereitung und Agenda-Erstellung über die eigentliche Durchführung bis zur Nachbereitung mit Protokoll und Aufgabenübersicht.
Wie funktioniert der digitale Umlaufbeschluss in der Sherpany Meeting Management Software?
Damit Sie sich einen schnellen Überblick über den Umlaufbeschluss – auch digital Circular Resolution (dCR) oder eben digitaler Zirkularbeschluss genannt – in Sherpany verschaffen können, haben wir für Sie ein Video erstellt.
Einen Umlaufbeschluss erstellen
Einen Umlaufbeschluss zu erstellen, ist denkbar einfach. Dazu kann der Sitzungstyp Zirkularbeschluss oder innerhalb eines Meetings der Agendapunkt Genehmigung gewählt werden. Danach setzen Sie einen Titel, erfassen eine Deadline, welche einen Zeitrahmen für die Stimmabgabe definiert, und fügen Teilnehmende sowie erklärende Informationen hinzu. Sie können die Abstimmungsoptionen “Enthaltung” und “Diskussion verlangen” nach Wunsch deaktivieren (beachten Sie dabei Ihre Satzungsbestimmung). Sobald der Umlaufbeschluss publiziert worden ist, sind keine inhaltlichen Änderungen mehr möglich. Anstatt nun ein PDF zu kreieren, das Sie dann z. B. per E-Mail an alle stimmberechtigten Mitglieder verschicken, wird der ganze Ablauf in der Sherpany-App stattfinden.
Online abstimmen
Nach der Veröffentlichung des Umlaufbeschlusses werden die ausgewählten Gremienmitglieder per E-Mail benachrichtigt. Es steht Ihnen frei, auf jedem beliebigen Gerät – in der App (iOS, Android, Windows) oder via Web-Zugang – abzustimmen. Sie wählen eine der möglichen Optionen (Ja, Nein, Enthaltung, Diskussion verlangen) und signieren elektronisch. Auf der Übersichtsseite sehen Sie den Status der Abstimmung. Bitte überprüfen Sie Ihr internes Organisationsreglement, welches definiert, ob für die Ablehnung eines Beschlusses das Verlangen einer Diskussion durch ein Mitglied genügt. Der*die Administrator*in darf stellvertretend für ein Mitglied abstimmen, muss dies jedoch begründen. Sobald die Deadline verstrichen ist, schliesst die verantwortliche Person den Umlaufbeschluss, indem sie den Beschluss im Namen des Gremiums bestätigt oder ablehnt und auf die entsprechende Schaltfläche drückt.
Das Resultat berichten und den Umlaufbeschluss revisionssicher ablegen
Nun können Sie das finale Resultat der Abstimmung in Sherpany einsehen und gegebenenfalls per E-Mail benachrichtigt werden. Zuletzt muss noch aus Revisionsgründen ein PDF-Protokoll exportiert werden, welches sämtliche Details zum Abstimmungsprozess, die Unterschriften sowie das Abstimmungsresultat enthält. Bei den Unterschriften handelt es sich um eine rechtskonforme fortgeschrittene elektronische Signatur gemäss eIDAS-Verordnung.
Mit der Zeit gehen: der digitale Umlaufbeschluss
Wie wir in diesem Artikel gesehen haben, müssen Führungsteams und Admins bei Umlaufbeschlüssen Organisationsreglemente und gesetzliche Bestimmungen beachten. Leider immer noch zu oft wird in deutschen Führungsteams auf das Umlaufverfahren verzichtet, weil dieses aus Mangel an technologischen Lösungen kompliziert, zeitaufwändig und fehleranfällig ist. Als Folge geht wichtige Zeit verloren und die nicht revisionssichere Archivierung von Beschlüssen birgt auch aus Compliance-Sicht einige Gefahren.
Deshalb sollten Unternehmen mit der Zeit gehen und auf bereits bestehende digitale Komplettlösungen setzen. Die Meeting Management Software von Sherpany bietet den digitalen Umlaufbeschluss bereits seit 2017 an. Deutsche Unternehmen wie beispielsweise Volksbank schätzen die Vorteile des digitalen Umlaufbeschlusses, da er den Prozess auf eine effiziente Art und Weise standardisiert, Zeit spart, das Risiko für Fehler verringert und auch die Compliance stärkt.
1 ‘Umlaufverfahren’, Wirtschaft und Schule, 2021.
2 ‘Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie’, Buzer, 2021.
3 ‘Aktiengesetz – § 108 Beschlußfassung des Aufsichtsrats’, Gesetze im Internet, 2021.
4 ‘Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie’, Buzer, 2021.
5 ‘coronavirus-info-corner/faq/gesellschaftsrecht’, Schoenherr, 2020.
6 Schoenherr, 2020.
7 ‘GmbH-Gesetz’, dejure, 2021.
8 ‘Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie’, Buzer, 2021.
9 ‘Erleichterungen für Umlaufbeschlüsse in der GmbH durch das COVID-Abmilderungsgesetz – Überblick und offene Fragen’, Anne de Boer und Sven Radke, Heuking, Mai 2020.
10 ‘Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie’, Buzer, 2021.