Transformationale Führung: Engagement und Teamstärke als Erfolgskonzept
Die transformationale Führung bildet in immer mehr Unternehmen die Antwort auf den kulturellen Wandel. Das Konzept bietet viele Vorteile und löst zunehmend andere Managementstile ab.
Bei der transformationalen Führung handelt es sich um ein populäres Konzept. Auch wenn es nicht neu ist, spiegelt es doch den kulturellen Wandel wider, der sich aktuell in Unternehmen auf der ganzen Welt vollzieht. Die transformationale Führung erfreut sich insbesondere bei Millennials, die nach sinnvoller Beschäftigung und einem individualisierten Management streben, großer Beliebtheit.
Auftrieb erfährt es auch durch die Gesundheitskrise, welche zu mehr
agilen Arbeitsweisen
geführt hat. Die transformationale Führung ist eine Möglichkeit für Unternehmen, sich nach dem
VUKA-Modell
an eine volatile (V), unsichere (U), komplexe (K) und ambige (A) Wirtschaftswelt anzupassen. Die transformationale Führung war in den vergangenen dreißig Jahren Gegenstand zahlreicher Studien. Wenngleich ihre Definition nicht eindeutig ist, betrachten einige Autoren sie als eine 2.0-Version der charismatischen Führung.
Was also ist transformationale Führung? Wie wirkt sie sich auf Organisationen aus? Und wie unterscheidet sie sich von charismatischer Führung? In diesem Artikel gehen wir auf das Konzept der transformationalen Führung und seine zahlreichen Vorteile ein.
Transformationale Führung: Eine Definition
Mitte der 1980er-Jahre war Bernard Bass einer der ersten Wissenschaftler, der den Begriff der transformationalen Führung konzeptualisierte. Er identifizierte vier Dimensionen:1
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Idealisierter Einfluss: Führungskräfte leben ihren Teams Vertrauen vor und wecken es in ihnen. Dies führt zu einem höheren Maß an Engagement und Anpassungsfähigkeit, um neue Situationen zu bewältigen.
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Motivation: Führungskräfte sind in der Lage, eine inspirierende Vision zu vermitteln, die an die intrinsischen Werte ihres Teams appelliert.
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Intellektuelle Stimulierung: Diese Eigenschaft ermöglicht sowohl den Führungskräften als auch ihren Teams Risikobereitschaft, Zusammenarbeit und das Entwickeln neuer Ideen.
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Individuelle Rücksichtnahme: Transformative Führungskräfte bauen individuelle Beziehungen zu jedem ihrer Teammitglieder auf und interessieren sich für deren Entwicklung und Wohlbefinden.
Als Managementstil ist die transformationale Führung das Gegenteil der transaktionalen Führung – einer Form des Managements, bei der die Führungskraft eine passive, hierarchische Beziehung zu ihrem Team unterhält.
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Während eine transaktionale Führungskraft ihr Team aus einer Mikro-Perspektive betrachtet und sich auf Prozesse oder Fehler konzentriert, stellt die transformationale Führungskraft ihre persönlichen Interessen zugunsten der Gruppe zurück.2 Sie entwickelt eine Makro-Perspektive auf die zu erreichenden Ziele. Auf diese Weise "verwandelt" die transformationale Führungskraft ihre Teammitglieder buchstäblich in Selbstläufer. Jene sind dadurch in der Lage, autonom für ihre persönliche Entwicklung und die gute Dynamik der Gruppe zu arbeiten.3
Die Vorteile der transformationalen Führung
Die positiven Auswirkungen der transformationalen Führung sind umfassend dokumentiert, einschließlich ihres Einflusses auf alle Aspekte der Leistung des Einzelnen sowie des Teams – und damit auch ihre positiven Auswirkungen auf die Vitalität von Organisationen. Verschiedene Studien zeigen, dass sich transformationale Führung positiv auf die Teamleistung auswirkt: Sie appelliert an die inneren Werte der Menschen, so dass diese ein Gefühl für die eigene Wirkungskraft entwickeln.4
Ebenso erhöhen gemeinsame Werte und Ziele die Zufriedenheit und das
Mitarbeiterengagement
– was den Kreislauf der Leistung weiter ankurbelt. In einer Zeit, in der die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden in vielen Unternehmen ganz oben auf der Agenda steht, hat die transformationale Führung einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden. Das gilt insbesondere für die Bewältigung von Stresssituationen oder depressiven Symptomen.5 Indem sich die Führungskraft ihren Teammitgliedern durch regelmäßige offene Gespräche individuell zuwendet, entsteht ein faires und fürsorgliches Arbeitsumfeld.
Die Unterschiede zwischen transformationaler und charismatischer Führung
Die transformationale wird häufig mit der charismatischen Führung verwechselt, da beide einige spezifische Merkmale gemeinsam haben – zum Beispiel das Charisma, das die Führungskräfte hier jeweils ausstrahlen. Die Ansätze sind jedoch unterschiedlich: Eine transformationale Führungspersönlichkeit versucht, eine Gruppeneinheit aufzubauen, während charismatische Manager das Projekt oder die Vision verkörpern, die sie vertreten.
Der Erfolg der transformationalen Führung beruht nicht allein auf der Ausstrahlung, sondern vielmehr auf Beziehungsintelligenz und zwischenmenschlichen Fähigkeiten. Während eine charismatische Führungspersönlichkeit dazu neigt, in einem eher transaktionalen Sinne an den "persönlichen Erfolg" zu denken, konzentriert sich eine transformationale Führungspersönlichkeit mehr auf Gruppenziele – alle Beteiligten werden einbezogen. Dabei vereinen transformationale Führungskräfte ihre Mitarbeitenden um sich, indem ihre jeweilige Vision untrennbar mit deren Werten verbunden ist. Diese Eigenschaft beruht auf einer gemeinsamen Sprache und einem gemeinsamen Bezugssystem.
Dagegen entfaltet charismatische Führung ihre Wirksamkeit vor allem in Krisenzeiten, die schnelle Entscheidungen und das Festhalten an einer starken Führungspersönlichkeit erfordern. Eine charismatische Führungspersönlichkeit spielt oft eine einheitsstiftende Rolle, indem sie ihre Anziehungskraft zu nutzen weiß. Eine transformationale Führungspersönlichkeit kann ebenso vereinheitlichend wirken, nutzt aber humanistische Werte, um Ziele zu erreichen – eine langfristige Methode.6
Fazit: Transformationale Führung als Hebel für Engagement
Die transformationale Führung hat mehr als nur Trend-Charakter, weil sie auf natürliche Weise starke Erwartungen der Mitarbeitenden erfüllt: sinnvolle Aufgaben, Gerechtigkeit, Empathie, individuelles Management sowie persönliche und berufliche Entwicklung. Obwohl auch hier das Charisma der Führungskraft eine Rolle spielt, müssen nicht alle guten transformationalen Führungskräfte die Eloquenz oder Anziehungskraft eines Steve Jobs oder Barack Obama haben. Stattdessen ist dieser Führungsstil ein Beispiel für die Kraft der Gruppe – das Team motiviert sich gegenseitig und intrinsisch zu Höchstleistungen.
1 'Leadership and performance beyond expectations', Bass B. M., Free Press, 1985.
2 'Ethical Values of Transactional and Transformational Leaders', Kanungo R.N., Canadian Journal of Administrative Sciences / Revue Canadienne des Sciences de l'Administration, 18: 257-265, 2001.
3 'Relationships Between Leadership and Followers’ Quitting Intentions and Job Search Behaviors', Hughes LW, Avey JB, Nixon DR, Journal of Leadership & Organizational Studies, 17(4): 351-362, 2010.
4 'Self-efficacy, the exercise of control', Bandura A., Freeman, 2012.
5 'Transformational leadership and depressive symptoms: A prospective study', Fehmidah Munir, Karina Nielsen, Isabella Gomes Carneiro, Journal of Affective Disorders, Volume 120, Issues 1–3: 235-239, 2010.
6 'Qui sont les leaders transformationnels?', Boudrias Jean-Sébastien, Brunelle Eric, D'Amours Liette, Gestion, 40: 27-29, 2015.